Freitag, 4. Januar 2013

text /// Dein wunderschöner Name.


Ein paar Eingänge weiter stünde dein Name am Klingelschild. Du würdest vielleicht im Vorderhaus wohnen, oder im Seitenflügel – ganz egal.
_____

Und ich wünschte, du würdest ein paar Häuser die Straße runter wohnen. Um mit dir zu sprechen, bräuchte ich nicht mal ein Telefon. Um dich zu sehen, bräuchte ich keine Webcam. Ich würde die Treppen hinunterspringen, durch den Hof an den Mülltonnen vorbeihüpfen und die schwere Holztür am Eingang aufschieben, genauso wie ich es zu Kindertagen gemacht habe, als Freunde sich noch trafen und nicht skypten. Ein paar Eingänge weiter stünde dein Name am Klingelschild. Dein wunderschöner Name. Du würdest vielleicht im Vorderhaus wohnen, oder im Seitenflügel – ganz egal. Ich würde nachts betrunken Herzen an die Hauswand sprühen und jeden Morgen würdest du sie dir ansehen und an mich denken. Jeden Morgen. Und jeden Abend, wenn du wieder nach Hause kämst.

Ein Fingerdruck und ein paar Wände zwischen uns. Du würdest über die Rufanlage fragen, wer denn um diese Zeit klingle. Du würdest die Antwort schon kennen – schon bevor du den Hörer abnehmen würdest wüsstest du es. Und du würdest lächeln. Das Surren des Schlosses wäre für mich das schönste Geräusch des Tages, und ich bekäme jedes Mal wieder Gänsehaut, bei jedem Knarren der hölzernen Treppenstufen hinauf in deine Wohnung. Oben angekommen, wenn der warme Duft deiner Wohnung durch die Tür dränge, hinter der du immer auf mich warten würdest, nähme ich dich in den Arm. Meinen Kopf würde ich in deinem Haar vergraben, während ich über deine weichen, warmen Schultern streichen und dich ganz und gar bei mir haben würde. Und für viele Sekunden ließe ich dich nicht mehr los.

Und ich könnte dich berühren, deine Stimme hören und dein Lachen sehen. Deine Haut riechen und deine Gedanken lesen. Wir würden uns erkunden und erobern, überraschen und enttäuschen. Wir würden Sonntage auf der Couch verbringen, und Nächte in den U-Bahnen der Stadt. Wecker würden wir verschlafen und nebeneinander aufwachen. Ich wüsste wie dein Schweiß schmeckt und du wüsstest wie ich meinen Kaffee trinke. Wir würden uns ansehen und uns an den Händen halten – und ich würde dir Pancakes backen und du würdest mir Mettbrötchen schmieren. Wir hätten Zeit. Und ich würde dir so viel davon geben, wie es eben bräuchte.

Und du wärst die Sonne. Du würdest tagsüber scheinen und die Welt der anderen erhellen. Hoch über allen anderen Mädchen der Stadt würdest du für alle strahlen. Unantastbar, warm und voller Zuversicht. Vollkommen, schön – und im tiefsten Herzen nur für mich. Und ich wäre der Mond, nur nachts zu sehen und weniger hell als du. Mein Licht ist fahler, schwächer – und doch ganz und gar dein. Und die schönsten Stunden wären die, an denen Sonne und Mond gemeinsam am Himmel zu sehen sind. Wir wären getaucht in silbergoldenes Licht und unsere Uhren blieben stehen. Die Stadt hielte den Atem an, während wir tief Luftholen würden – bereit für alles was noch vor uns läge. Ich würde dich ansehen.

Und ich hätte dich küssen sollen.
Und ich wünschte, du würdest ein paar Häuser die Straße runter wohnen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen