Dienstag, 28. August 2012

text /// In Zeitschleifen.


["in zeitschleifen" ist inspiriert von 'streuselkuchen und du', ein text der wunderbaren bloggerin leonie-rachel, danke. ich hatte vor aus anderer perspektive eine ähnliche situation zu erzählen und stolperte dann auf umwegen über diesen text. das resultat findet sich hier.]

Ich komme mir vor wie gefangen in einer Zeitschleife. Nur die Person wechselt, die neben mir liegt.
Und am Ende immer: Leere.

Du redest, während ich dir zuhöre - die gleichen leeren Phrasen aus deinem Mund, die ich schon so oft gehört habe und die Versprechen von Ungezwungenheit geben, zumindest für eine Weile. Du sagst, es ist gut so wie es ist und wir brauchen vorerst nicht weiter denken, belächelst meine beiläufige Bemerkung und legst dich in meine Arme. "Du bist süß", sagst du. Und während wir so daliegen, du mir deinen zuckersüßen Kleinmädchenblick schenkst, weiß ich, dass ich auch dir diese Worte nicht glauben kann. Denn auch du denkst schon in diesem Moment weiter.

Ist doch zum Kotzen. 


Donnerstag, 23. August 2012

text /// Laura mag keine Nüsse.


Christian liebt Laura. Und heute noch wie am ersten Tag. Wenn man Christian fragt wie es so läuft, lässt er sich nicht Lumpen. Du kennst das doch- nach ein oder zwei Jahren, sagt er und klopft einem lächelnd auf die Schulter. Ich mag Christian. Er ist das, was in diesen total Independent wirkenden Szene-Kolumnen gern als der echte, der „reale“ Berliner bezeichnet wird. Durchs Studium arbeitete er sich durch- mal gut, mal schlecht. 

Ebenso durch Kultur und Nachtleben. Er ist mittendrin, und trotzdem normal. Keiner der einen Jute-Beutel anstelle eines Rucksacks hat, nur enge Hosen und knallbunte Wolfs-Shirts trägt oder auf der Gästeliste der Kiez-Clubs steht. Christian hört zwar die neuste Musik, ist aber nicht abgedreht. Ist gut gekleidet, hat aber mehr als nur Matratze und MacBook im Zimmer. Sitzt auch abends mal nur neben Laura auf der geschenkten Couch von Schwiegermama und guckt Tatort, anstatt immer im Kiez Trends zu setzen. Christian ist normal- einer wie du und ich. Längst nicht so abgefahren wie alle behaupten, längst nicht so Berlin wie alle denken. Neben der Couch von Schwiegermama hat Christian ein Bild von Laura zu stehen. Christian ist ein feiner Kerl.

Christian liebt Laura. Und Laura möchte Kinder. Nicht unbedingt gleich. Aber bald. Sie sagt, vielleicht so in zwei oder drei Jahren. Dann wäre man lange genug zusammen, schon fast sechs Jahre. Es würde auch ganz gut passen. Christian hätte fertig studiert, sie eben auch. Ein Kind und am besten noch das zweite hinterher, Familienleben in absehbarer Zeit. Schön, und Laura grinst wenn sie mir am Tisch unten beim Italiener an der Ecke davon erzählt. Wenn ich Christian angucke dann sehe ich die Freude, nur reden tut er darüber nicht. Er ist kein Mann der großen Worte, wie man so schön sagt. Aber er ist ein Familienmensch, hat Bruder und Schwester- ist das mittlere von drei Kindern. Seine Eltern wohnen im dicken Speckgürtel von Berlin- kein Landadel oder Großgrundbesitzer- und helfen ihren Kindern wo es nur geht. Laura bekommt von Schwiegermama regelmäßig Anrufe- die beiden verstehen sich. Auch bei Lauras Eltern hat Christian ein Stein im Brett. Sie wissen er meint es ernst, ihre Prinzessin ist gut aufgehoben. Papas ganzer Stolz ist gut aufgehoben. Christian ist ein Familienmensch.

Dienstag, 14. August 2012

text /// Am Boden. Erster Teil.


Meine spröden Lippen sind eingeschmiert mit einer brennenden Paste. Mein ganzer Kopf beginnt zu glühen, Fieber?

Es gibt nichts Beschisseneres als aufzuwachen und die eigene Hand vor Augen nicht zu sehen. Mein Nacken schmerzt, meine Schläfe fühlt sich an, als wäre ein gepanzerter Geländewagen einmal quer durch mein Gesicht gedriftet und hätte direkt über meinem rechten Auge einen mit Spikes gespickten Reifen in meine Haut gewuchtet. Mein Mund ist trocken, salziger Schleim liegt auf meinem Gaumen. Unter Schmerzen löse ich meine festgeklebte Zunge von der Oberseite meiner Mundhöhle. Der Geschmack schlägt um. Bittere Brocken kleben wie festgetackert an meinen Zähnen. Meine taube Zunge fühlt sich geschwollen an. Ich muss husten. Dicke Stücke würgen sich meine Speiseröhre hinauf in die schmalzige Rosette am Ende des fauligen Loches, das mal mein Mund war. Kotze? Ist das Kotze? Mit einem lauten „Scheiße, Gott“ bete ich zum Herr und Erlöser es wäre so. Blut? Kann das Blut sein? 

Es ist immer noch dunkel. Und warm. Langsam gewöhnt sich meine Nase an die dicke, stickige Luft. Es riecht verbrannt, nach abgestandenem Bier und Männerschweiß. Ich rieche nach abgestandenem Bier und Männerschweiß. Ich drehe mich auf den Rücken, stöhne vor Schmerz und massiere meine Zunge zwischen rechtem Daumen und Zeigefinger. Wieder ein anderer Geschmack. Unerklärlich. Aber eklig. Meine spröden Lippen sind eingeschmiert mit einer brennenden Paste. Mein ganzer Kopf beginnt zu glühen, Fieber? Ich versuche mich zu sammeln, unfähig aufzustehen oder meine Umgebung abzutasten. Meine Hände suchen den Weg in mein Gesicht, die linke Hand reagiert nicht. Liegt wie eine benommene Anakonda auf meinem Bauch, schmerzt, pocht und zittert unregelmäßig. Ich fahre mir durchs Haar. Es ist verklebt. Am Haaransatz bemerke ich feuchtklamme Stellen die sich wie Sumpfmoore aus Haaren und flüssigem Gel langsam aber entschieden zu einem klebrigen Brei verhärten wollen. Immerhin habe ich noch etwas an, denke ich. An meinen Bauchhaaren klebt mein Shirt seitlich eingedreht und zum Bersten gespannt wie eine betonartige Slim-Fit-Folie, so dick wie ein Neoprenanzug. Was soll der Scheiß? Was soll dieser ganze Scheiß, denk ich.

Montag, 13. August 2012

foto /// Wer war das gestern Abend? Anton.




Und manchmal schleicht sich abends eine Frage den Rücken rauf: Wer ist Anton Mila? ;)
Danke an Herrmann Erdmann für Bild und Rücken.

Mittwoch, 1. August 2012

text /// Der Zuhörer. Passiv.


Ich höre sie über mir. Sie schreit. Sie stampft.
Sie schnaubt. Sie diskutiert. Sie wirft mit den schlimmsten Beleidigungen um sich. Wenn ich sie so höre, denk ich an nichts Gutes.

Ihn höre ich auch. Er stottert. Er schreit, aber leiser. Er knallt die Tür- ist doch eigentlich ihre Aufgabe. Er verneint und bejaht, spricht seine Sätze nicht zu Ende und wird dauernd unterbrochen. Wenn ich ihn so höre, tut er mir Leid. Darauf bin ich nicht neidisch.

Ich will nicht mit ihm tauschen.

Ihre dunklen, langen Locken fallen schimmernd auf ihre Schultern. Seitdem sie vor einigen Wochen bei mir geklingelt hatte um nach einem Föhn zu fragen, da ihrer gerade durchgebrannt war, weiß ich, dass sie braune Augen hat. Ein freundliches Lächeln mit angenehmer Stimme, ganz und gar nicht so, wie ich es von ihren Streitgesprächen dachte zu kennen - grell, schrill, hoch, überschlagend schnell. Für eine Frau ist sie groß, sicher irgendetwas in den Siebzigern. Gute Kusshöhe. Trotzdem, hübsch? Über Geschmack lässt sich streiten. Sie hat etwas hübsches, mich reizt es dennoch nicht. Genau wie ihr Freund.

Er ist ein schmaler, drahtiger Typ. Lange, nach hinten gelegte Haare, Hundeblick. Das passt irgendwie nicht zusammen, manchmal sieht er aus wie eine Karikatur von sich selbst. Wäre ich eine Frau, ich würde ihn mir nicht im Club rauspicken. Jedenfalls nicht vom Aussehen. Er hat etwas rattenhaftes für mich. Darauf bin ich nicht neidisch. Ich will nicht mit ihm tauschen.