Montag, 28. Januar 2013

text /// Seit wir uns kennen, bis wir sterben.


Er schaut sie an. Die Küche brodelt und blubbert. Auf dem Herd stehen Töpfe, gefüllt mit Liebe und Glück. Der wonnige Dampf legt sich wie ein Film aus Geborgenheit auf seine Haut. Home Sweet Home.


Wenn er sie so betrachtet, fühlt er Zufriedenheit. Ihre lockigen, offenen Haare trägt sie mit einem Stirnband wie goldenes Lametta, die Unregelmäßigkeit ihrer Sommersprossen lässt ihm vor Liebe den Atem stocken. Er sitzt auf dem Küchenstuhl, und könnte ihr pausenlos zusehen. Ihre vom Kochen in der sommerlich warmen Küche rosaroten Wangen glänzen im Licht der durch die großen, offenen Flügelfenster eindringenden Sonne. Sie wischt sich die Stirn, ihre Schürze weht leicht im Rhythmus eines Windhauches, der die Küche erfrischt. 



Das Kleid darunter zeigt die großen, gelben Sonnenblumen. Sein Lieblingskleid, es sieht so schön aus, wenn sie es trägt. Wie sie es trägt. Mit welcher Eleganz und purer Glückseligkeit sie sich in dem kleinen Raum dreht und wendet. Wie geschmeidig das Kleid über ihre Hüfte streicht, wenn sie sich nach Töpfen, Messern, Gabeln, den kleinste Sieben und den größten Schneebesen, dem feinsten Zucker und den erlesensten Gewürzen streckt.

Donnerstag, 17. Januar 2013

text /// Wir können keine Freunde bleiben.


Deine Augenringe verraten dich. Ich weiß wie es um dich steht. Du zählst die Zigaretten die ich rauche und du weißt, was ich denke.
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Und wir sitzen nebeneinander. Das Bier ist längst schal. Der Zigarettenqualm verwandelt den Raum in ein Dickicht aus Grau und Nebel. Der Bildschirm vor uns flimmert in blassem blau und grün. Zwischen uns liegt der Aschenbecher, dein zerknülltes Softpack ist seit Mitternacht leer. Durch das dreckig-milchige Fenster dämmert der Morgen.

Früher haben wir so viel geredet – über Beziehungen und deine Arbeit und mein Studium und deine Eltern und meine Frauengeschichten. Jetzt sitzen wir nebeneinander und schweigen. Du siehst müde aus, doch keiner von uns denkt daran ins Bett zu gehen. Keiner wird zurückgelassen. Wir sind wie Soldaten im Schützengraben: alle oder keiner. Und sollte diese Dämmerung noch Tage dauern, wir bleiben wach.

Deine Augenringe verraten dich. Ich weiß wie es um dich steht. Du zählst die Zigaretten die ich rauche und du weißt, was ich denke. Ich habe keine weisen Lösungen für dich, keine Durchhalteparolen und keine gut gemeinten Ratschläge. Wir wissen, dass du kurz vor dem Ende stehst und dass der Ast nach dem du greifst, für dich unerreichbar scheint. Dieser Abend ist der letzte Zentimeter vor dem Wurmloch, das alles verschlingen wird.

Freitag, 4. Januar 2013

text /// Dein wunderschöner Name.


Ein paar Eingänge weiter stünde dein Name am Klingelschild. Du würdest vielleicht im Vorderhaus wohnen, oder im Seitenflügel – ganz egal.
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Und ich wünschte, du würdest ein paar Häuser die Straße runter wohnen. Um mit dir zu sprechen, bräuchte ich nicht mal ein Telefon. Um dich zu sehen, bräuchte ich keine Webcam. Ich würde die Treppen hinunterspringen, durch den Hof an den Mülltonnen vorbeihüpfen und die schwere Holztür am Eingang aufschieben, genauso wie ich es zu Kindertagen gemacht habe, als Freunde sich noch trafen und nicht skypten. Ein paar Eingänge weiter stünde dein Name am Klingelschild. Dein wunderschöner Name. Du würdest vielleicht im Vorderhaus wohnen, oder im Seitenflügel – ganz egal. Ich würde nachts betrunken Herzen an die Hauswand sprühen und jeden Morgen würdest du sie dir ansehen und an mich denken. Jeden Morgen. Und jeden Abend, wenn du wieder nach Hause kämst.

Ein Fingerdruck und ein paar Wände zwischen uns. Du würdest über die Rufanlage fragen, wer denn um diese Zeit klingle. Du würdest die Antwort schon kennen – schon bevor du den Hörer abnehmen würdest wüsstest du es. Und du würdest lächeln. Das Surren des Schlosses wäre für mich das schönste Geräusch des Tages, und ich bekäme jedes Mal wieder Gänsehaut, bei jedem Knarren der hölzernen Treppenstufen hinauf in deine Wohnung. Oben angekommen, wenn der warme Duft deiner Wohnung durch die Tür dränge, hinter der du immer auf mich warten würdest, nähme ich dich in den Arm. Meinen Kopf würde ich in deinem Haar vergraben, während ich über deine weichen, warmen Schultern streichen und dich ganz und gar bei mir haben würde. Und für viele Sekunden ließe ich dich nicht mehr los.