Montag, 24. September 2012

blog /// Neue Motive! Neue Pläne!


Juhu...die neuen Motive sind da. Im Oktober gibts dann neben neuen Stickern auch höchst erstmalig und mit großem Prämierentamtam endlich die ersehnten Beutel. Die kosten dann nen schmalen Taler und warten auf euch. Info's folgen, nun aber erstmal Lieblingsmotiv aussuchen und 'liken'.

Alle neuen Motive findet ihr in meiner Facebook-Galerie

Danke sehr, Anton


Donnerstag, 20. September 2012

text /// Industrieromantik


Romantik liegt mir nicht, doch dieses Bild aus Beton und Stahl und Holz und Rauch und wilden Lichtern und den Regenwolken...
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Die Türen der S-Bahn schließen sich hinter mir. Ich zünde mir eine Kippe an und steige mühsam die Treppenstufen nach oben. Die Luft ist kühl, ich bin kühl. Kein Gefühl in mir. Nur das leise Knistern des Tabaks, der vor meiner Nase verdampft. Jeder Zug bringt mich ein Stück näher. Ein Stück näher zur Brücke über mir, ein Stück näher nach Hause. Penner liegen in der Vorhalle und schlafen. Es riecht nach Pisse und Bier, kaltem Suffschweiß und den räudigen Hunden, die sich wie Maden zwischen ihren Herren suhlen. Diese Sommernacht ist kalt, in all ihrem laternenschwarzen Glanz – in ihrer Einöde zwischen Beton und dem Leben darauf.

Ich stelle die Dose Bier, halb voll, auf den Rand des Mülleimers am Ausgang und ein kühler, frischer Wind weht mir entgegen. Spott habe ich für ihn übrig, nichts als Hohn und zynische Blicke. Die Nacht verkauft sich als Frische wie der Wolf sich im Schafspelz tarnt. Nichts an diesem Ort ist frisch, außer der Erkenntnis, dass es aus diesem Ort kein Entrinnen gibt, für das es sich zu leben lohnt. Ich laufe über die Brücke, unter mir rattern und scheppern die Güterzüge. Über mir ziehen dichte Wolken ihre Schlinge um den Abendhimmel fester, sodass sich die Lichter der Stadt in ihnen verlieren. Ich halte kurz an, lehne mich mit dem Rücken an das Geländer und blicke über das in orangerotes Licht getränkte Industriegebiet – mit all seinen Gleisen und Straßen, Lagerhallen und Kühltürmen. Industrieromantik bei Nacht, ich bin dir verfallen. Romantik liegt mir nicht, doch dieses Bild aus Beton und Stahl und Holz und Rauch und wilden Lichtern und den Regenwolken, die sich aus Osten wie schwarzer Rasierschaum über den Himmel schieben, beruhigt mich und lässt mich hoffen – alles bewegt sich, wenn auch langsam.

Dienstag, 11. September 2012

text /// Am Boden. Zweiter Teil.


Ich wische mir, immer noch in derselben embryonalen Haltung ausharrend, den Schleim von der Nase und versuche klar zu denken.

Als ich wieder zu mir komme, klebt meine Wange am körperwarmen Fußboden fest. Ein sabbriger Faden hängt mir über der Nase. Es riecht bitter und sauer, warm und beißend. Ich schmecke nichts, aber das ist vermutlich besser so. Mein Mund ist noch trockener als das letzte Mal bei Bewusstsein. Ich spüre meine Zunge nicht mehr. Mit einem kurzen gluckern und glucksen teste ich, ob ich überhaupt noch über so etwas wie einen halbwegs funktionierenden Überbau auf meinem Hals verfüge.

Habe ich. Ich habe einen Kopf, ich habe auch eine Stimme. Mein Hals fühlt sich an, als hätte ich eimerweise Sand und Kiesel in mich hineingeschüttet und dann mit einem Heißluftgebläse an der Innenseite meiner Speise- und Luftröhre zu einem sandpapierartigen, breiigen Wandbelag getrocknet. Ein Königreich für ein Glas Wasser, denke ich. Ich wische mir, immer noch in derselben embryonalen Haltung ausharrend, den Schleim von der Nase und versuche klar zu denken. Ich bin aufgewacht, zweimal wieder umgefallen und nun wieder aufgewacht. Eine Erfolgsausbeute wie ein pickliger, siebzehnjähriger Naturwissenschaftler auf Frauenjagd in der Dorfdisko, denke ich. Anscheinend hab ich also wieder hier gelegen. Ich kneife meine Augen zusammen, obwohl um mich herum alles schwarz ist. Angestrengt vom Konzentrieren beginnt mein Kopf zu pulsieren. Wellenförmig breitet sich der Schmerz von rechts nach links und wieder zurück in meinem Kopf aus. Nachdenken. Erinnern. Kombinieren. Kombinieren erscheint mir das Einfachste. Ich kombiniere also: ich liege, vermutlich einmal von oben bis unten mit Schleim und Exkrementen überschüttet, auf hartem Stein, oder Fliesen. Mit meinem Kopf liege ich auf jeden Fall in Exkrementen, die Konsistenz lässt auf Kotze oder Durchfall schließen. Ich entscheide mich für die Kotze, es riecht einfach nicht nach Kacke. Mein Kopf tut weh. Meine Hand tut weh. Meine Eier tun weh. Eigentlich tut alles irgendwie weh, sobald ich einen Muskel anspanne ziehen alle anderen aus Solidarität mit und durchziehen mein komplettes Nervensystem mit abertausenden Schmerzmeldungen, vom Haaransatz bis zum Zehennagel. Ich schließe die Kombination ab.

Mittwoch, 5. September 2012

text /// Andauernd.


Tütensuppen machen nicht satt. Auf Dauer.
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Schweigend saßen sie sich gegenüber. Seit Wochen schon. Ihre verknoteten Leben waren wie eine Tütensuppe: auf viel Dünnes kommt wenig Substanz, ab und zu ein nahrhafter Fleischklops, der die ganze Sache schmackhaft macht. Ansonsten ein paar bunte Gemüsemomente und matschige Nudelanekdoten. Dazwischen salziges Wasser. Mit ekligen Fettaugen. Das sieht für Zuschauer annehmbar aus, macht den Esser aber nicht satt. Auf Dauer.

„Weißt du, du bist ein Teil von mir. Ich liebe dich“, hatte sie mal gesagt. „Liebst du mich?“
Nachdenklich legte er den Kopf zur Seite, biss auf seiner Unterlippe hin und her.
„Weißt du, ich hasse mich“, antwortete er damals. „Wie kann ich dich da lieben, wo ich doch ein Teil von dir bin?“

Seitdem schweigen beide, die Hände des Anderen fest im Griff, den Blick zu Tränen gerührt und müde auf das Messer in ihrer Mitte gerichtet. So verkümmerten sie und wurden mager und gebrechlich, nicht mehr in der Lage zu fühlen und zu leben. Tütensuppen machen nicht satt. Auf Dauer. Weder sie noch er wussten einen Ausweg.

Doch beide wussten: Egal wer loslassen würde, es war sie, die bluten müsste.